Auszug aus dem Interview im Nachrichtenmagazin PROFIL vom 09. Jänner 2018,
das Christa Zöchling mit Altbundespräsident Dr. Heinz Fischer geführt hat:

profil: Eine der ersten Maßnahmen der neuen Regierung war die Errichtung eines Denkmals in Maly Trostinec, dem Vernichtungsort von mehr als 10.000 Wiener Juden, die in der NS-Zeit nach Weißrussland deportiert wurden (Ergänzung: , zu beschließen). Warum hat das kein SPÖ-Kanzler gemacht?

Fischer: Die Tatsache, dass Tausende Wiener Juden in Maly Trostinec umgebracht wurden, war jahrzehntelang nicht bekannt. Auch meine Frau, deren Vater Otto Binder seine Mutter, die Schwester seiner Mutter und weitere Angehörige in den Gaskammern des Dritten Reiches verloren hat, hat erst vor einigen Jahren erfahren, dass ein Teil ihrer Verwandten in Maly Trostinec umgebracht wurde. Es war Frau Waltraud Barton, die vor einigen Jahren begann, sich mit großer Hingabe diesem Thema und der Errichtung einer Gedenkstätte zu widmen. Ihr muss aufrichtig gedankt werden, aber die Fassung eines diesbezüglichen Beschlusses in der "alten" Koalition unter Bundeskanzler Kern war leider nicht mehr möglich, obwohl es einen diesbezüglichen Ministerratsantrag gegeben hat.

profil: Angeblich wurde es auf Wunsch der ÖVP immer wieder zurückgestellt.

Fischer: Ich habe einen Ministerratsantrag von Kern gesehen, der in der SPÖ/ÖVP-Koalition keine Mehrheit gefunden hat, aber wenige Wochen später von der ÖVP/FPÖ-Regierung fast einstimmig beschlossen wurde. Es wäre jedenfalls wichtig und schön, wenn es gelingen würde, unsere historische Schuld des Gedenkens rasch und in würdiger Form zu begehen.


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